Zur Geschichte des mittelalterlichen Adelssitzes
von Laudenbach am Main
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbauten die Freiherren von
Fechenbach das heute dem Fürstenhaus Löwenstein gehörende Schloss in
Laudenbach. Die Geschichte des vorher dort befindlichen
Herrschaftssitzes liegt weitgehend im Dunkel. Umso interessanter ist
eine bisher unbekannte Urkunde von 1481, die von turbulenten Ereignissen
bei Laudenbach berichtet. Einzufügen ist sie in folgenden historischen
Kontext:
1315 erwarben die schon früh im Wasserschloss Sommerau ansässig
gewordenen Herren von Fechenbach das Dorf Laudenbach mit allen
Zugehörungen von Graf Heinrich von Rieneck. Von einem bereits
vorhandenen Adelssitz erwähnt die Verkaufsurkunde nichts; er ist
offensichtlich erst danach entstanden. Der Erbauungszeitraum lässt sich
einengen. Da die Fechenbacher den Ort Laudenbach 1385 den Grafen von
Rieneck zu Lehen auftrugen, der Wohnsitz jedoch in späteren Quellen als
freieigener (allodialer) Familienbesitz begegnet, muss er bereits zuvor,
also zwischen 1315 und 1385, errichtet worden sein .
Hauptwohnsitz Sommerau
Dennoch bevorzugten die Fechenbacher weiterhin das Wasserschloss
Sommerau als Hauptdomizil, obwohl es ein Lehen war, bis 1550 nur
teilweise der Familie gehörte und auch weniger verkehrsgünstig als
Laudenbach liegt. Die Gründe dafür waren wohl mehrfacher Natur. Zum
einen sicherte das mit dem Sommerauer Burgsitz verbundene Amt eines
mainzischen Forstaufsichtsbeamten beständige Einkünfte. Zum anderen
besaß die Familie im dortigen Raum schon früh auch umfangreiche Lehen
anderer Herkunft . Und nicht zuletzt dürfte man sich in den oft
unruhigen Zeiten im Spessart auch sicherer gefühlt haben als im
verkehrsreichen Maintal. In Sommerau hatte man mit dem Mainzer
Erzbischof einen mächtigen Fürsten als Lehns- und Schirmherrn, und eine
größere Anzahl von Rittern in einer wehrhaften Wasserburg bot auch mehr
Schutz im Verteidigungsfall.
1632, mitten im Dreißigjährigen Krieg und durch diesen verursacht,
nahmen die Fechenbacher eine Dreiteilung ihrer Besitzungen vor. Zwei
Brüder übernahmen je zur Hälfte Sommerau (es wurde wenig später wieder
vereint), der dritte begründete in Laudenbach eine Linie, die fortan den
Namen „von Fechenbach zu Laudenbach“ führte und sich als die am längsten
bestehende erweisen sollte. Erst im frühen 20. Jahrhundert erlosch sie
im Mannesstamm .
Zur Zeit des Bauernkrieges tritt ein Oswald von Fechenbach als
Dorfsjunker zu Laudenbach auf. 1533 beklagt er sich bei seinem Rienecker
Lehnsherrn nachträglich über das Verhalten der Laudenbacher Untertanen,
doch von Übergriffen auf sein Haus ist nicht die Rede . Im Sommerauer
Schloss kündet ein 1543 am Treppenturm angebrachtes Ehewappen Oswalds
und seiner Gattin Kunigunde von Eberstein von damaligen Baumaßnahmen .
Ob damit Verwüstungen des Bauernaufstandes behoben wurden, muss offen
bleiben, erkennbar ist hieran jedoch, dass der Adelige wieder ins
Elsavatal zurückgekehrt ist. Offensichtlich diente Laudenbach vor allem
dann als Wohnsitz, wenn es den oft zahlreichen Familienmitgliedern im
Sommerauer Schloss zu eng geworden war.
Als Raubritter tätig
Frühere Nachrichten über den Laudenbacher Adelssitz sind bisher nicht
bekannt. Ein wenig Licht ins Dunkel der mittelalterlichen Geschichte
bringt, wie schon angedeutet, eine bislang unbekannte Urkunde von 1481 .
Aus dem von Josef Kittel inhaltlich überlieferten Schriftstück geht
hervor, dass der damals in eine Fehde (mit Philipp Truchseß von Rieneck)
verwickelte Ritter Walther Kottwitz mehrere Reisende, die vff des Reichs
straßen und vff dem Mewn bey Lawtenbach unterwegs waren, angegriffen vnd
beschedigt hat. Da sich unter den Überfallenen auch Untertanen der
Bischöfe von Bamberg und Würzburg befanden, die sich bei ihren
Landesherren beschwerten, musste sich der als Raubritter entlarvte
Adelige arg ins Zeug legen, um die darob sehr verärgerten Fürstbischöfe
wieder gnädig zu stimmen und seine von ihnen vergebenen Lehen zu
behalten.
Der Kottwitz nannte auch die Mannen, die mit mir bei obgemelter
Geschicht gewesen sind. Es waren dies ein Wendel von Fechenbach mit zwei
Knechten sowie ein weiterer Kottwitz mit einem Gehilfen. Da Walther
Kottwitz mit einer Fechenbacherin verheiratet war, wird deutlich, warum
sich die als Raubritter tätigen Niederadeligen, deren Familien sich
lange Zeit das Schloss Sommerau teilten, gerade Laudenbach als Tatort
ausgesucht hatten: Der dortige Wohnsitz der Fechenbacher bot sich als
günstiger Ausgangspunkt für die Überfälle an.
Unbekannter Wendel von Fechenbach
Einen Wendel von Fechenbach kennen bisherige Stammtafeln der Familie
nicht. Aufschluss über seine Abstammung gibt eine Urkunde von 1474 .
Damals veräußerte er zusammen mit seinen Brüdern Wolf und Jörg mehrere
Besitzungen im Aulenbachtal an den Wildensteiner Amtmann Leonhard
Kottwitz. Der dabei als verstorben genannte Vater der drei Brüder hieß
Wolf. Er ist sicher mit jenem Wolf von Fechenbach identisch, der 1421
ein Neuntel am Sommerauer Schloss besaß und mit einer Barbara von
Fechenbach verheiratet war . Zweifellos diente auch diese Verwandtenehe
dazu, Teile älteren Familienbesitzes wieder zu vereinen. Laudenbach
dürfte davon betroffen gewesen sein. Dafür spricht auch die Nachricht,
wonach Wendel 1476 seinen Anteil am Sommerauer Schloss und weiteren
Besitz dort an Leonhard Kottwitz verkauft hat . Letzterer vererbte das
von ihm erbaute (alte) Wasserschloss Oberaulenbach wenige Jahre später
an seinen Neffen Walther, was zu der oben erwähnten Fehde mit dem
ebenfalls Erbansprüche stellenden Philipp Truchseß führte .
Als Walter Kottwitz und Wendel von Fechenbach sich damals als Raubritter
betätigten, konnte noch keiner von ihnen ahnen, dass einmal Angehörige
ihres Geschlechts als Bischöfe von Würzburg und Bamberg und als
hochrangige Offiziere und Hofbeamte in die Geschichte eingehen sollten.
Veröffentlicht (mit Quellenangaben und Bildern) in:
"Spessart", Heft Dezember 2010, S. 15 f.
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