Forschungsthemen von Wolfgang Hartmann
 

 

Zur Geschichte des mittelalterlichen Adelssitzes
von Laudenbach am Main

 


In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbauten die Freiherren von Fechenbach das heute dem Fürstenhaus Löwenstein gehörende Schloss in Laudenbach. Die Geschichte des vorher dort befindlichen Herrschaftssitzes liegt weitgehend im Dunkel. Umso interessanter ist eine bisher unbekannte Urkunde von 1481, die von turbulenten Ereignissen bei Laudenbach berichtet. Einzufügen ist sie in folgenden historischen Kontext:
1315 erwarben die schon früh im Wasserschloss Sommerau ansässig gewordenen Herren von Fechenbach das Dorf Laudenbach mit allen Zugehörungen von Graf Heinrich von Rieneck. Von einem bereits vorhandenen Adelssitz erwähnt die Verkaufsurkunde nichts; er ist offensichtlich erst danach entstanden. Der Erbauungszeitraum lässt sich einengen. Da die Fechenbacher den Ort Laudenbach 1385 den Grafen von Rieneck zu Lehen auftrugen, der Wohnsitz jedoch in späteren Quellen als freieigener (allodialer) Familienbesitz begegnet, muss er bereits zuvor, also zwischen 1315 und 1385, errichtet worden sein .

Hauptwohnsitz Sommerau
Dennoch bevorzugten die Fechenbacher weiterhin das Wasserschloss Sommerau als Hauptdomizil, obwohl es ein Lehen war, bis 1550 nur teilweise der Familie gehörte und auch weniger verkehrsgünstig als Laudenbach liegt. Die Gründe dafür waren wohl mehrfacher Natur. Zum einen sicherte das mit dem Sommerauer Burgsitz verbundene Amt eines mainzischen Forstaufsichtsbeamten beständige Einkünfte. Zum anderen besaß die Familie im dortigen Raum schon früh auch umfangreiche Lehen anderer Herkunft . Und nicht zuletzt dürfte man sich in den oft unruhigen Zeiten im Spessart auch sicherer gefühlt haben als im verkehrsreichen Maintal. In Sommerau hatte man mit dem Mainzer Erzbischof einen mächtigen Fürsten als Lehns- und Schirmherrn, und eine größere Anzahl von Rittern in einer wehrhaften Wasserburg bot auch mehr Schutz im Verteidigungsfall.
1632, mitten im Dreißigjährigen Krieg und durch diesen verursacht, nahmen die Fechenbacher eine Dreiteilung ihrer Besitzungen vor. Zwei Brüder übernahmen je zur Hälfte Sommerau (es wurde wenig später wieder vereint), der dritte begründete in Laudenbach eine Linie, die fortan den Namen „von Fechenbach zu Laudenbach“ führte und sich als die am längsten bestehende erweisen sollte. Erst im frühen 20. Jahrhundert erlosch sie im Mannesstamm .
Zur Zeit des Bauernkrieges tritt ein Oswald von Fechenbach als Dorfsjunker zu Laudenbach auf. 1533 beklagt er sich bei seinem Rienecker Lehnsherrn nachträglich über das Verhalten der Laudenbacher Untertanen, doch von Übergriffen auf sein Haus ist nicht die Rede . Im Sommerauer Schloss kündet ein 1543 am Treppenturm angebrachtes Ehewappen Oswalds und seiner Gattin Kunigunde von Eberstein von damaligen Baumaßnahmen . Ob damit Verwüstungen des Bauernaufstandes behoben wurden, muss offen bleiben, erkennbar ist hieran jedoch, dass der Adelige wieder ins Elsavatal zurückgekehrt ist. Offensichtlich diente Laudenbach vor allem dann als Wohnsitz, wenn es den oft zahlreichen Familienmitgliedern im Sommerauer Schloss zu eng geworden war.

Als Raubritter tätig
Frühere Nachrichten über den Laudenbacher Adelssitz sind bisher nicht bekannt. Ein wenig Licht ins Dunkel der mittelalterlichen Geschichte bringt, wie schon angedeutet, eine bislang unbekannte Urkunde von 1481 . Aus dem von Josef Kittel inhaltlich überlieferten Schriftstück geht hervor, dass der damals in eine Fehde (mit Philipp Truchseß von Rieneck) verwickelte Ritter Walther Kottwitz mehrere Reisende, die vff des Reichs straßen und vff dem Mewn bey Lawtenbach unterwegs waren, angegriffen vnd beschedigt hat. Da sich unter den Überfallenen auch Untertanen der Bischöfe von Bamberg und Würzburg befanden, die sich bei ihren Landesherren beschwerten, musste sich der als Raubritter entlarvte Adelige arg ins Zeug legen, um die darob sehr verärgerten Fürstbischöfe wieder gnädig zu stimmen und seine von ihnen vergebenen Lehen zu behalten.
Der Kottwitz nannte auch die Mannen, die mit mir bei obgemelter Geschicht gewesen sind. Es waren dies ein Wendel von Fechenbach mit zwei Knechten sowie ein weiterer Kottwitz mit einem Gehilfen. Da Walther Kottwitz mit einer Fechenbacherin verheiratet war, wird deutlich, warum sich die als Raubritter tätigen Niederadeligen, deren Familien sich lange Zeit das Schloss Sommerau teilten, gerade Laudenbach als Tatort ausgesucht hatten: Der dortige Wohnsitz der Fechenbacher bot sich als günstiger Ausgangspunkt für die Überfälle an.

Unbekannter Wendel von Fechenbach
Einen Wendel von Fechenbach kennen bisherige Stammtafeln der Familie nicht. Aufschluss über seine Abstammung gibt eine Urkunde von 1474 . Damals veräußerte er zusammen mit seinen Brüdern Wolf und Jörg mehrere Besitzungen im Aulenbachtal an den Wildensteiner Amtmann Leonhard Kottwitz. Der dabei als verstorben genannte Vater der drei Brüder hieß Wolf. Er ist sicher mit jenem Wolf von Fechenbach identisch, der 1421 ein Neuntel am Sommerauer Schloss besaß und mit einer Barbara von Fechenbach verheiratet war . Zweifellos diente auch diese Verwandtenehe dazu, Teile älteren Familienbesitzes wieder zu vereinen. Laudenbach dürfte davon betroffen gewesen sein. Dafür spricht auch die Nachricht, wonach Wendel 1476 seinen Anteil am Sommerauer Schloss und weiteren Besitz dort an Leonhard Kottwitz verkauft hat . Letzterer vererbte das von ihm erbaute (alte) Wasserschloss Oberaulenbach wenige Jahre später an seinen Neffen Walther, was zu der oben erwähnten Fehde mit dem ebenfalls Erbansprüche stellenden Philipp Truchseß führte .
Als Walter Kottwitz und Wendel von Fechenbach sich damals als Raubritter betätigten, konnte noch keiner von ihnen ahnen, dass einmal Angehörige ihres Geschlechts als Bischöfe von Würzburg und Bamberg und als hochrangige Offiziere und Hofbeamte in die Geschichte eingehen sollten.

 

 

Veröffentlicht (mit Quellenangaben und Bildern) in:
 "Spessart", Heft Dezember 2010, S. 15 f.

 

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